ESC 2012 – Ralph Siegel im Interview über den ESC

ESC 2012 – Ralph Siegel im Interview über den ESC

In diesem Jahr nimmt Ralph Siegel wieder einmal als Komponist am Eurovision Song Contest teil. Er hat den Song geschrieben, den Valentina Monetta für San Marino singen wird und war damit in der letzten Woche Gesprächsthema in den Medien.

Ich hatte nun Gelegenheit Herrn Siegel einige Fragen zu stellen – eine ganz besondere Ehre für mich, für die der Eurovision Song Contest absoluter Kult ist und die seit mittlerweile mindestens 31 Jahren keine Show mit vielen erfolgreichen Produktionen von Ralph Siegel verpasst hat.

Unsere jüngeren Leser wissen vielleicht gar nicht, wie erfolgreich Ralph Siegel in den vergangen Jahrzehnten war und immer noch ist, daher wollen wir Euch hier erst einmal die wichtigsten Eckdaten zu ihm liefern:

Ralph Siegel wurde am 30. September 1945 in München geboren. Sein Vater ist der Komponist und Verleger Ralph Maria Siegel und seine Mutter Ingeborg ist Operettensängerin.
So wundert es nicht, dass er schon als Kind Schlagzeug, Gitarre, Klavier und Akkordeon spielt.

Als junger Mann sammelte er viele internationale Erfahrungen in England, Frankreich und Amerika, bevor er 1965 nach Deutschland zurück kehrt und hier die ersten Erfolge verzeichnet.

1972 übernimmt er nach dem Tod des Vaters die Siegel-Musikverlage und produziert einen Hit nach dem anderen,
1975 gründet er die unabhängige Plattenfirma Jupiter Records und
ab den 80er Jahren ist Ralph Siegel fester Bestandteil der Grand Prix-Geschichte und hat diesen mit geprägt.
2012 ist seine 21.te Teilnahme
an diesem Wettbewerb, und darunter waren bisher sechs Top 3-Titel:

  • 1980 Katja EbsteinTheater, Theater (2. Platz)
  • 1981 Lena ValeitisJohnny Blue (2. Platz)
    (seit diesem Jahr und diesem Lied bin ich wissentlich Grand-Prix-Fan!)
  • 1982 NicoleEin bisschen Frieden (1. Platz!!!)
  • 1987 WindLaß die Sonne in Dein Herz (2. Platz)
  • 1994 MekadoWir geben ’ne Party (3. Platz)
  • 1999 SürprizReise nach Jerusalem (3. Platz)

Bis heute ist er mit über 2.000 (!!) Titeln, u.a. ‚Dschinghis Khan, Moskau, Fiesta Mexikana, Du kannst nicht immer 17 sein, Papa Pinguin oder Babicka, bei der GEMA registriert.
Ralph Siegel
erhielt 1982 das Bundesverdienstkreuz und später noch einmal am Band, sowie den Bayerischen Verdienstorden, den Paul Licke Ring, den Bambi und die Goldene Stimmgabel und wurde im Jahr 2007 mit dem ECHO für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Und ich durfte ihm – einem der erfolgreichsten deutschen Komponisten, Textdichter, Verleger, Musiker und Produzenten – einige Fragen zum Eurovision Song Contest stellen!

Als erstes wollte ich von ihm wissen, was es für ihn bedeutet hat, dass er seinen ESC-Song für Valentina Monetta noch einmal von ‚Facebook (uh-oh-oh)‚ auf ‚The Social Network Song (oh-oh-uh-oh-oh)‘ ändern musste.

Ralph Siegel:
„Natürlich hat uns das sehr getroffen, denn es hat ja erstens einen großen Aufwand bedeutet – neue Aufnahmen, neues Video etc. und besonders natürlich, dass wir den Obertitel ändern mussten.
Der Song ‚Facebook uh oh oh‚, wie er ursprünglich hieß, war ja nie von kommerziellen Erwägungen geprägt… Es war ein rein satirisches und ironisch gemeintes Lied über die Internet-Welt von Heute am Beispiel von einer “Social door – Facebook” die wohl am bekanntesten ist. Ein Massenmedium, dass heute wie ein Telefon oder Computer benützt wird.
Viele haben auch den Text nicht richtig verstanden, denn nicht alle sind der Englischen Sprache wirklich mächtig und so wurde z.B. verwechselt, dass die Künstlerin nicht selbst die vielen kleinen lustigen Zitate wie do you wanna have Cybersex again? oder are you really in love with me? – am I really your cup of tea
(heißt übrigens nicht: Bin ich Deine Teetasse?, sondernGefalle ich Dir denn wirklich?) für sich in Anspruch nimmt, sondern sich nur darüber lustig macht.“

Natürlich wollte ich von so einem erfolgreichen Produzenten und Komponisten auch wissen, was er denn vom deutschen Kandidaten für den ESC 2012 in Baku – Roman Lob – hält.

Ralph Siegel:
Ich finde er ist ein ausgezeichneter Sänger und überaus sympathisch!!!“

Herr Siegel, halten Sie es auch für richtig, gerade wegen der Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan, am ESC teilzunehmen und den Focus der Öffentlichkeit auf dieses Land zu lenken?

Ralph Siegel:
„Na erfreulich ist diese Tatsache nicht und wir können nur hoffen, dass gerade Musik dazu beiträgt… eine bessere politische Haltung zur Presse und Gedankenfreiheit auch in Diktatur Staaten zu schaffen.“

Und warum macht er – mit mittlerweile 66 Jahren – immer noch beim Eurovision Song Contest mit?

Ralph Siegel:
Weil ich mich nach all den schweren gesundheitlich angeschlagenen Jahren wieder besser fühle und nach der Devise lebe: ”Wer rastet, der rostet“. Künstler sind wie guter Rotwein – sie werden eigentlich immer besser und viele Komponisten, Maler und Kreative aller Genres haben ihre besten Werke erst im hohen Alter geschrieben oder kreiert.
Der ESC ist einer der wenigen Möglichkeiten ein Lied in die Welt hinaus zu tragen, gehört zu werden und auch neuen Sängern eine Chance zu geben eine Weltkarriere zu machen. Wo gibt es denn das sonst?
Ich danke meinen Fans und hoffe noch viele schöne Lieder zu schreiben und wer versucht mir das zu verbieten, den kann ich halt beim besten Willen nicht ernst nehmen.
Ich wünsche mir, dass die Menschen netter miteinander umgehen und die teils unfreundlichen Kommentar-Absender im Internet ein wenig toleranter wären. Künstlerische Freiheit ist wichtig und man kann sicher nicht jeden Geschmack treffen. “Leben und leben lassen” und selbst etwas bewegen ist ein gutes Ziel und das rate ich allen Menschen als 66jähriger…aber “da fängt das Leben doch erst an”.“

Diese Worte sind auf jeden Fall ein Beweis dafür, dass das Alter weiser macht. „Leben und leben lassen“ – etwas, das viel zu oft heute nicht mehr beachtet wird!

Im zweiten Teil des Interviews, den ihr morgen lesen könnt, verrät Herr Siegel uns und Euch, was er von Casting-Shows hält… und unter diesem Link findet Ihr Teil 2 ab sofort.